Verhalten ändern mit dem „Kosten-Nutzen-Check“
Keine Lust mehr auf die nächste Ehrenrunde im Hamsterrad? Wenn du dein Verhaltensrepertoire erweitern und deine Reaktionen mit mehr Freiheit bewusst bestimmen möchtest, nutze in Zukunft den „Kosten-Nutzen-Check“. Mit zwei Fragen findest du blitzschnell heraus, ob du dir dein bisheriges Verhalten noch leisten kannst. Steht es dir heute noch gut? Sorgst du damit wirklich für dich oder (ver)hinderst du dich selbst? Mit diesem kleinen Quickcheck gelingt es dir, aus unbewussten Mustern auszubrechen und mit dir selbst über neue Reaktionen zu verhandeln.
Erinnere dich daran: Unsere Bewertungen sind egobasiert und sie bestimmen zu einem großen Teil unsere Realität. Wir nehmen wahr und leider auch für wahr, was uns dazu an Gedanken durch den Kopf geht. Aufgrund dessen reagieren wir – immer mit dem gleichen Grund: Wir wollen unser Überleben sichern. Vermeiden oder Herbeiführen sind die beiden Hauptmotive, die unsere Reaktionen bestimmen. Ich spreche nicht von Instinkten, sondern von gelerntem Verhalten im Miteinander. Um Bestätigung, Anerkennung und Erfolg zu erreichen, bedienen wir uns bestimmter Mittel und erprobter Verhaltensweisen. Das Gleiche gilt übrigens auch für das Gegenteil. Ohne darüber nachzudenken reagieren wir automatisch und wundern uns im Nachhinein oft, weshalb wir uns in alten Mustern gefangen fühlen. Nächster Schritt: Stoppen wir das Hamsterrad der immer gleichen Reaktionen und stellen die Weichen für neue Handlungsweisen.
Wenn der „gute Grund“ die Basis für unsere Handlungen ist, dann brauchen wir einen besseren „guten Grund“, um diese zu verändern. Ermögliche deinem inneren Wertewächter eine neue Perspektive, indem du eine kurze Gewinn-Verlust-Rechnung aufstellst, die auf zwei Fragen basiert:
Kosten-Nutzen-Check:
1. Wenn du dich so verhältst (wie immer), wozu dient dir das? Was willst du damit sicher stellen?
2. Wenn du dich so verhältst (wie immer), was verhinderst du im Positiven für dich und andere damit? Also woran hinderst du dich? Und kannst du dir das noch leisten?
Diese einfachen Fragen halfen einer Klientin, endlich ein altes Korsett abzulegen. Trotz langjähriger Erfahrung und großer Expertise hielt sie sich in Meetings lieber zurück – natürlich aus einem für sie „guten“ Grund. Das Ego hat seinen Job als Sicherheitsbeamter äußerst ernst genommen. Um sie vor vermeintlicher Blamage, Versagen, etc. zu schützen, blieb sie lieber still im Hintergrund. In einem Meeting sollten aber alle Beteiligten ihre besonderen Zutaten (Sichtweisen, Erfahrungen, Ideen) einbringen, damit der „Kuchen“ gelingt. Wenn auch nur eine Zutat fehlt, kann es sein, dass dieser Kuchen nicht aufgeht. Woher willst du wissen, dass das Zurückhalten deines Beitrags nicht genau darüber entscheidet? Oder vielleicht hätte dein Impuls jemanden zu der noch fehlenden Lösung inspiriert. Kannst du es dir wirklich leisten, auf Nummer sicher zu gehen und dich und deine Gaben den anderen vorzuenthalten? Das Miteinander mit zu gestalten ist unsere Pflicht; unseren Teil zum Erfolg beizutragen ist unsere Verantwortung. Sollte deine Idee oder Meinung wirklich nicht gut ankommen, sagt das nichts über dich und deinen Wert als Mensch aus. Schluss mit dieser Illusion. Entmachte dein Ego. Hole dir deine Freiheit zurück, selbst in jeder Situation zu bestimmen, wie du heute reagieren möchtest.
Wenn der „gute“ Grund zum Hinderungsgrund wird und dir dieses Muster nicht länger dient, ist es Zeit zu handeln. Die Frage nach Gewinn und Verlust deiner Handlung ist hier nicht nur angemessen, sondern notwendig. Erstelle eine kurze Liste und definiere, was du von deiner Reaktion jetzt, heute, in diesem Fall hast (Gewinn). Und was es dich kostet (Verlust).
Meine Klientin hat schnell festgestellt, dass ihr bisheriges Auftreten ihr und den anderen mehr Verlust als Gewinn bringt. Ein guter Grund, es zu ändern. Soweit, so gut. Die entscheidende Frage ist natürlich, wie das gelingt.
Sobald du entscheidest, aus einem alten Automatismus auszubrechen, mache den Dreiklang zu deinem Verbündeten. Indem du dir den Teppich ausrollst und dir sprachlich eine Brücke für deinen neuen Versuch baust, erleichterst du dir die Erweiterung deines Verhaltensrepertoires. In der hier beschriebenen erweiterten Form und mit einer entscheidenden Ergänzung, der Vor-Ansage, kannst du den Dreiklang jederzeit einsetzen.
Leitfaden für dich:
1. Reality check
Weißt du wirklich hundertprozentig sicher, dass dein übliches Verhalten dir jetzt am besten dient? Betonung auf „jetzt“.
2. Kosten-Nutzen-Check
Ein blitzschnelles Abwägen von Gewinn und Verlust für dich, am besten schriftlich.
3. Um…zu-Formel
Werde dir selbst darüber klar, was du erzielen willst. Woher sollst du sonst die Richtung kennen, in die du nachfolgend deinen Beitrag lenkst?
4. Vor-Ansage (eine Form des Sprechdenkens)
So gewinnst du Zeit für dich und nimmst eventuelle Bedenken oder Befürchtungen von dir oder deinem Gegenüber vorweg. Du erklärst, was du jetzt tust und warum du es tust. Ein Akt der Fürsorge und des Wohlwollens – für dein Wohl und für das Wohl aller Beteiligten zu sorgen.
5. Selbstoffenbarung
Eine Situationsbeschreibung aus deiner Perspektive, die offenbart, was du siehst, was du denkst, was du befürchtest oder was dich bewegt. Beginne mit einem „Ich-Satz“: Mir kommt es so vor, ich habe den Eindruck, mir ist aufgefallen…
6. Offene Frage
Du öffnest den Dialog und lädst den anderen ein, seine Sicht der Dinge mit dir zu teilen. Erforschen ist das Grundmotiv. Ohne diese Information kannst du nicht wissen, wie du am besten reagieren solltest. Siehe letzter Schritt.
7. Reaktion
Jetzt macht es tatsächlich Sinn zu reagieren und du kannst endlich mitbestimmen, wie du dich in diesem Moment am besten verhältst. Falls es passt: Mit der Nutzenargumentation und der Übersetzung des Vor- oder Nachteils für dein Gegenüber kannst du deinen Standpunkt verdeutlichen.